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Heinrich-Heine-Professur
Mr. Tagesthemen ist jetzt Heine-Professor Ulrich Wickert spricht an der Heine-Uni über die Rolle der Medien. Was ihm passt und was nicht, sagte er gestern vorab. Von Sema Kouschkerian Wenn Ulrich Wickert sich nach den Tagesthemen mit den Worten „einen angenehmen Abend und eine geruh- same Nacht“ verabschiedete, fühlte man sich besser. Zuvor hatten er und seine Kollegen eine halbe Stunde lang über Flugzeugkatastrophen, den Nahostkon- flikt oder Amokläufe in Schulen berich- tet, da kam einem Wickerts Schlusssatz wie eine wohlige Gute-Nacht- Geschichte vor, nach der man gut ein- schlafen konnte. Wickert verbreitet Hoffnung, ein bisschen altväterlich viel- leicht, aber das darf ruhig so sein, denn er ist jetzt Gastprofessor an der Hein- rich-Heine-Universität und spricht vor jungen Menschen. Die sollen nicht fru- striert, sondern ermuntert werden, ihr Leben in die Hand zu nehmen und kriti- schen Blicks in die W elt hinauszuzie- hen. Gestern hielt er seinen ersten Vor- trag zum Thema „Freiheit und Journalis- mus“. Rektorin wünschte sich Ulrich Wickert Rektorin Anja Steinbeck hatte sich sehr für Ulrich Wickert als Träger der Hein- rich-Heine-Professur eingesetzt. Wegen seiner politischen Kundigkeit und sei- ner Weltoffenheit. „Der Frankreichbe- zug verbindet Heinrich Heine und Ulrich Wickert.“ Wickert lebte als Kind eine Weile in Paris und war dort später auch als Korrespondent tätig. Er ist 73 Jahre alt und gibt seine journa- listischen Erfahrungen an der Heine-Uni nicht das erste Mal vor Studenten wei- ter. So lehrt er auch in Magdeburg schon seit mehr als zehn Jahren als Dozent. Und er macht sich viele Gedanken, denn zurzeit ist eben auch viel los in der Welt der Medien. Und davon passt ihm so einiges nicht, was er vor V orlesungsbe- ginn in einer Pressekonferenz zum Aus- druck bringt. Denn natürlich ist die Lage in Deutschland seit Silvester eines der zentralen Themen. „Die Presse hat sich seit Silvester hervorragend bewährt“, lobt er zunächst. „Sie hat dazu geführt, dass die Öffentlichkeit überhaupt erfährt, was passiert ist.“ Allerdings stelle er andererseits verstärkt fest, dass aufgrund eines „falsch verstandenen Toleranzverständnisses viele Bereiche tabuisiert“ würden und meint damit etwa die konkrete Benennung der mutmaßli- chen Täter. „Ihre Aufgabe ist, Aufklärung zu ver- breiten, um anderen dazu zu verhelfen, ihren Verstand zu benutzen.“ Ulrich Wickert über Journalisten Journalisten, die eine solche Zurückhal- tung übten, „glauben vielleicht, verant- wortlich zu handeln. Ihre Aufgabe ist jedoch, Aufklärung zu verbreiten, um anderen dazu zu verhelfen, ihren V er- stand zu benutzen.“ Gut recherchieren, das muss natürlich sein, aber dann raus damit. Dient ja dem W ohl der Gesellschaft. Dass diese und vor allem unsere Demokratie in Gefahr ist, glaubt Wickert nicht. Er hält grund- sätzlich nichts von Untergangsszenarien, egal um welches Thema es geht. Wäh- rend er das sagt, wird sein Blick noch eine Spur sanfter, und man wähnt sich zurück vor dem Fernseher. Mister Tagesthemen lächelt um (damals noch) kurz vor 23 Uhr milde in die deutschen W ohnzimmer und verbreitet mit seinem sympathischen Abschiedsgruß Hoff- nung – egal, wie schlecht die Welt ist, am Ende wird alles gut. Ulrich Wickert hat gestern seinen ersten V ortrag an der Heinrich-Heine-Univer- sität zum Thema „Freiheit und Journa- lismus“ gehalten Westdeutsche Zeitung 28.1.2016