Ulrich Wickert

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Ulrich Wickert begeistert die Menschen

26.06.2016, Märkische Allgemeine

Der Journalist und langjährige Fernseh-Moderator Ulrich Wickert hat seine Zuhörer in Brandenburg/Havel von ersten Augenblick in seinen Bann gezogen. Eigentlich hatte man eine Lesung in der Theaterklause geplant. Doch kaum war bekannt, dass Wickert an die Havel kommt, wuchs das Interesse enorm. So zog man um.

Brandenburg/H. Journalisten haben Macht. Man bezeichnet sie als vierte Gewalt im Staat. Das lehnt Ulrich Wickert ab. Denn den Medien fehle es an demokratischer Legitimation und Transparenz. Die Macht der Journalisten ist eine andere: Sie beeinflussen die öffentliche Meinung. Für Wickert heißt das: Journalisten haben eine hohe Verantwortung.

Etwa 400 Zuhörer lauschten am Freitagabend mit Genuss der Lesung mit Ulrich Wickert, der auf Einladung des Brandenburger Kulturvereins gekommen war. Dass so viele Menschen in den Genuss kamen, Wickerts kluges Buch „Medien: Macht & Verantwortung“ kennen zu lernen, verdanken sie dem beherzten Handeln von Katja Lebelt, der künstlerischen Leiterin des Theaters. Als sie erfuhr, dass das Interesse an der Lesung weitaus größer war als die Theaterklause Plätze hat, öffnete den Großen Saal des Theaters.

Mit präzisen, klaren Worten den idealen Journalismus beschrieben
„Von Beruf bin ich Handwerker“, so lautet der erste Satz in Wickerts Buch. Er ist vor allem ein glänzender Schriftsteller, der mit präzisen, klaren Worten den idealen Journalismus beschrieben hat. Obwohl er keinen Geringeren als Immanuel Kant sozusagen zum Schutzpatron des Journalismus erhob, waren seine Ausführungen nicht abgehoben. Mit vielen Beispielen aus der journalistischen Praxis erläutert Wickert, was er jeweils meint.

Ein Journalist, der sein Handwerk versteht, ist den Zielen der Aufklärung verpflichtet. Deren Wahlspruch lautet: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“ Medienschelte bekommt das Brandenburger Publikum von Wickert nicht zu hören, im Gegenteil. In Deutschland gebe es zahlreiche Journalisten, die sich zu den qualifiziertesten in der Welt rechnen dürfen. Dennoch lasse der Mut, seinen eigenen Denkapparat zu benutzen, 200 Jahre nach Kant immer noch sehr zu wünschen übrig: „Hätten sonst einfältige Populisten wie Donald Trump oder Marine Le Pen oder Gruppierungen wie AfD oder Pegida solchen Zulauf?“ 

Der technische Fortschritt macht es möglich
Die Medienlandschaft habe sich verändert, sich zu einer Informationsgesellschaft entwickelt. Trotz weitreichender Pressefreiheit in Deutschland gehe das einher mit scheibchenweiser Einengung derselben. Der technische Fortschritt macht es möglich, beispielsweise den sogenannten Geheimnisverrat aufzudecken und strafrechtlich zu verfolgen. „Das Motiv von Edward Snowden ist meines Erachtens äußerst ehrenwert“, bekräftigt Wickert unter Applaus. Der deutsche Justizminister lasse derzeit prüfen, ob Geheimnisverrat künftig straffrei bleiben solle, sagte Wickert. Dies wäre ein Verdienst für die Pressefreiheit.

Die Recherche stößt dann an Grenzen, wenn Ergebnisse nicht überprüft werden können, weil beispielsweise die Politik das nicht zulässt oder sogar Falschmeldungen lanciert (Irakkrieg). Die Kunst des Unterlassens wertet Wickert hingegen als Tugend. Privates habe privat zu bleiben. Und etwas nicht zu sagen, sei keine Lüge. Insgesamt gilt jedoch: „Was nicht benannt wird, das kann auch nicht geahndet werden.“

Ann Brünink